2020
Jahr unter Pandemiebedingungen

2018
Jahr der „Samtenen Revolution“

Mirak-Weißbach-Stiftung
Mirak-Weißbach-Stiftung
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Kunst- und Musik-Projekte

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Ein Volksmusik-Ensemble in einem Restaurant in Gjumri.

Die Bedeutung der Musik in Armenien

Jeder, der Armenier, ihre Kultur oder auch das Land Armenien kennt, weiß, dass die Musik unter Armeniern eine herausragende Rolle spielt und seit jeher gespielt hat. Man sagt, in Jerewan gebe es mehr Klaviere als Fernsehgeräte. Wer eine möblierte Wohnung in Armenien mietet, kann sogar hoffen, dass zur Möblierung auch wie selbstverständlich ein Klavier oder sogar ein Flügel gehört. Klaviere stehen aber auch im öffentlichen Raum jedem, der spielen möchte, zur Verfügung. Wir haben in Jerewan eine Buchhandlung erlebt, in der Kunden und Besucher stundenlang Klavier üben und spielen konnten.

Buchhandlung

In einer öffentlichen Buchhandlung im Zentrum Jerewans lädt ein Klavier zum Spielen und Üben ein.

Seit Jahren steht auch ein Klavier im internationalen Bereich des Flughafens Zvartnots bei Jerewan. Auf dem Klavier befinden sich Noten, und ein Schild fordert die interessierten Reisenden zum Spielen auf.

Zvartnots

Zwei Absolventen der sozialen Einrichtung My Way vertreiben sich die Zeit bis zum Abflug am Flughafen Zvartnots mit Klavierspiel

Komitas

Der Vater des armenischen Liedes und der Musik, Vardapet Komitas

Ein ganz besonderer Platz in der armenischen Kultur- und Musikgeschichte gebührt dem Priester-Dichter und -Komponisten Vardapet Komitas (1869-1935).Er erhielt seine theologische Ausbildung am Seminar in Edschmiatsin, wo er schon begann, sich intensiv mit Chorgesang, Komposition und Musikwissenschaft zu beschäftigen. Nach 3-jährigem Studium in Berlin, u.a. an der Humboldt Universität, kehrte er 1899 nach Armenien zurück. Er reiste jahrelang durch Dörfer und Städte in den Provinzen des Landes, hörte Hirten und Bauern zu, die bei der Arbeit sangen, Müttern bei ihren Kindern, lauschte Liebesliedern, Hochzeits- und Trauergesängen, epischen Gesängen und Spottgedichten. Was über Jahrhunderte überliefert worden war, hielt er in seinem eigenen Notationssystem genauestens fest. Seine Stellung in der armenischen Musikgeschichte ist der Bela Bartoks und Zoltan Kodalys in der ungarischen vergleichbar. Seit 2015 ist ihm neben dem Pantheon großer Persönlichkeiten der armenischen Geschichte in Jerewan ein wunderbares Museum gewidmet, das seine Lebensgeschichte, sein musikwissenschaftliches Erbe und seine Bedeutung für die armenische Kultur nachzeichnet. Komitas gehörte im April 1915 zu den armenischen Intellektuellen, die zu Beginn des Genozids inhaftiert und gefoltert wurden. Während des Genozids erlebte er einen Nervenzusammenbruch, von dem er sich nie erholte. Er verstarb 1935 in einer Pariser Klinik.

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Der Eingang zum Komitas Museum in Jerewan

Die äußerst reiche Musikkultur Armeniens wird nicht nur durch die Kirchen und die großen, bekannten Konservatorien und Akademien in Jerewan und Gjumri getragen. Vielmehr ist das Land fast flächendeckend mit vielen großen und kleinen Musikschulen überzogen. Selbst kleinere Städte mit wenigen 1000 Einwohnern haben eine Musikschule, in der Kinder in der Früherziehung oder im Schulalter Musikunterricht erhalten können. Im Laufe unserer Arbeit seit Gründung der Stiftung haben wir überall im Land Musikschulen und ihre Arbeit kennengelernt. Sie werden in den nächsten Beiträgen einige der Musik-Projekte selbst kennenlernen, die wir in der einen oder anderen Art unterstützt haben.

Eine neue Musikschule für Gjumri

Die Tage vom 20. bis 23. September 2013 waren für Schüler und Personal der Musikschule Nr. 6 in Gjumri ganz besondere Tage. 25 Jahre nach dem furchtbaren Erdbeben von 1988, das ihre Schule zerstörte hatte, konnte am 20. September die neue Schule feierlich eröffnet werden. Alle, die an dem jahrelangen Projekt mitgewirkt hatten, Geldgeber, Architekten und Bauleute, Politik und Kirche waren zugegen. Die berühmten Musiker von Deep Purple aus England und Australien, John Dee und Ian Gillan, standen natürlich bei Gästen und Presse im Rampenlicht. Sie hatten mit ihrer Rock Aid Armenia Kampagne den Neubau der Schule angestoßen. Mitglieder der Mardigian-Familie hatten über ihre Stiftung einen großzügigen Betrag zugeschossen, der den Erfolg des Projektes sicherstellte. Der armenische Staatspräsident Serge Sargsyan, der Gouverneur der Provinz Schirak Felix Tsolakyan und der Bürgermeister von Gjumri Samuel Balasanyan hatten das ihre dazu beigetragen. Dann hatten sich auch Offizielle des Fund for Armenian Relief (FAR) aus New York und Jerewan mit einer großen Delegation eingestellt. Und selbstverständlich durften Vertreter der armenischen Kirche, wie der Erzbischof aus New York Khajag Barsamian und der Bischof der Diözese Nordarmenien nicht fehlen. Die Baufirma Kanaka hatte natürlich von Anfang an vom Chef Haik Hovivyan bis zu den Arbeitern voll hinter dem ganzen Projekt gestanden; sie hatten es tatsächlich geschafft, die Schule und den Außenbereich, zwar in letzter Minute, aber doch fertig zu stellen. Auf den Gesichtern des Direktors Harutjun Asatryan und seines Lehrpersonals war der ganze Stolz und die Freude über das Erreichte abzulesen. Ein langer Leidensweg mit vielen Entbehrungen ging jetzt zu Ende.

Projekte Musikschule

Rektor Asatryan mit Lehrpersonal und Schülern 2008 vor der provisorisch aufgebauten Barracke.

Barracke

Vorspiel in der provisorischen Barracke 2008

Neue Schule

Die Neue Schule einen Tag vor der feierlichen Eröffnung

Als der Präsident ankam, hatten sich die örtlichen und internationalen Gäste vor dem wunderschönen, im spätsommerlichen Sonnenlicht erstrahlenden Gebäude schon versammelt. Die städtische Blaskapelle überbrachte den musikalischen Salut. Präsident und Ehrengäste mussten sich den Weg durch die wartenden Journalisten und Kameraleute hindurch bahnen, um endlich das vor dem Eingang gespannte rote Band zu erreichen. Erzbischof Barsamian aus New York sprach seinen Segen, Ian Gillan durchschnitt das Band, und die Tour durch die neuen Räumlichkeiten der Schule konnte beginnen.

Barsamyan

Erzbischof Barsamyan aus New York spricht seinen Segen

Danach setzten sich die Feierlichkeiten im Außenbereich fort. Alle waren froh, dass das Wetter glücklicherweise mitspielte. Hier war eine großzügige, stabile Bühne aus Stein und eine Zuschauertribüne entstanden. Die Chor- und Orchestermitglieder der Schule, die noch einen Tag zuvor bis spät in den Abend hinein geprobt hatten, hatten sich herausgeputzt. Alle trugen weiße Hemden und Blusen. Eine Hymne, vom ganzen Orchester mit traditionellen Instrumenten, Duduks und Kanoons, begleitet, wurde von einer Solosängerin und Chor intoniert.

Was dann folgte, war eine sehr bewegende, alles andere als formale Zeremonie. In den Reden wurde natürlich noch einmal an die große Tragödie von 1988 erinnert. Ian Gillan, der in einem langem weißen Hemd und Umhängetasche gekleidet war, sprach leise und trat sehr bescheiden auf. Er ließ noch einmal die Begebenheit lebendig werden, die sein späteres Engagement für die Schule beeinflußt hatte. Er hatte 1990 die Stadt Spitak unweit von Gjumri besucht. Dort traf er auf eine alte Frau, die mit einem Foto in der Hand am Straßenrand saß. Auf dem Foto waren alle 28 Mitglieder ihrer Großfamilie abgebildet, ihre Kinder und Enkel, ihre Nichten und Neffen. Sie alle waren in dem Erbeben umgekommen. ,,Wie konnte man mit so einem Leid umgehen?“ fragte Ian Gillan. ,,Die Zerstörung hatte die ganze Gemeinschaft zum Schweigen gebracht. Es gab keine Musik mehr, weder in den Kirchen noch in den Schulen wurde in jener Zeit musiziert. Es schien, als haben selbst die Vögel aufgehört zu singen...“ Ian Gillan und seine Kollegen wollten das ändern, Musik sollte wieder, gerade in einer solchen Situation erklingen. Und so entstand die Idee Rock Aid Armenia, die mit ihren Benefizkonzerten den Grundstein zum Aufbau einer nagelneuen Musikschule in Gjumri legte.

Gillan

Ian Gillan von Deep Purple erhält sein Portrait aus den Händen des Rektors Asatryan

Im Jahre 2009 nahm das Projekt konkrete Formen an. Die Hilfsorganisation Fund for Armenian Relief und später die Mardigian-Familie aus den USA hatten genügend Gelder gesammelt und gespendet, so dass das Projekt gelingen konnte. Auch die staatlichen Institutionen hatten Zuschüsse zugesichert und gegeben. Am schwarzen Brett der neuen Schule war eine Fotoausstellung vorbereitet worden, die noch einmal in eindrucksvoller Weise den langen Weg vom Unglückstag des 7. Dezember 1988 bis zum Tag der Freude am 20.9.2013 nachzeichnete. Nur 2 Wochen lang war der Unterricht nach dem Erdbeben unterbrochen worden. Dann wurde er wieder aufgenommen, zunächst in den Privatwohnungen des Lehrpersonals, dann in den provisorisch hochgezogenen Wellblechräumen, in denen noch bis kurz vor den Sommerferien unterrichtet wurde. Ian Gillan wurde vom Direktor der Schule, Harutyan Asatryan, für seine Rolle als Motor des Projekts mit einem großen Portrait geehrt, das ihn vor der Silhouette der neuen Schule und dem Bergmassiv des Aragats zeigt. Das Bild war von Samuel Lajikian, einem Freund der Musikschule in Gjumri, gemalt worden. Der Künstler wurde einen Tag später vom Staatspräsidenten der Republik Armenien mit einem hohen Ehrentitel ausgezeichnet.

Während die Ehrengäste aus Politik und dem Ausland, wie immer umringt vom Tross der Medien, zum nächsten Termin weitereilen mussten, schloss sich auf der Außenbühne ein Konzert der Schüler an. Hier kam das ganze Repertoire zum Vortrag, das an der Schule gelehrt wird. Das große Orchester mit Chor und Solosängern trug traditionelle armenische Volkslieder vor. Dann folgten Ensemblestücke für die traditionellen Duduk-Flöten und, gespielt von einer Gruppe junger Mädchen, für das Landesinstrument, den Kanoon. Alle Musikbeiträge wurden mit Präzision, Leidenschaft und Freude zum Klingen gebracht. Es folgten Solostücke, jeweils mit Klavierbegleitung, für Saxophon, Geige und Gesang. Dabei lernten wir eine inzwischen namhafte Sängerin kennen, deren musikalische und künstlerische Weiterbildung die Mirak-Weißbach-Stiftung seitdem über viele Jahre hinweg unterstützt hat. Lusine Arakelyan hatte in Gjumri an der Musikschule ihre Ausbildung begonnen. Diese konnte sie dann in Jerewan am Konservatorium fortsetzen. Leicht und ausdrucksstark gab sie einige Arien aus Puccini-Opern zum Besten. (siehe Beitrag unter Unterstützung junger Menschen in Ausbildung und Studium!)

Schule

Muriel Mirak-Weißbach neben Lusine Arakelyan nach der Eröffnung der Schule

Da das Konzert im Freien stattfand, konnten vor allem auch die Nachbarn der Musikschule das Konzert mit verfolgen. Und so wurde das Ereignis der Schuleinweihung nicht nur ein großer Tag für die Schüler, das Lehrpersonal und ihre Familien, für die Bauleute und Handwerker, sondern auch für den ganzen Stadtteil und die Stadt Gjumri.

Ein Flügel, ja sogar ein “Blüthner” für die neue Schule

Was für ein Freudentag: Der 23. September 2013 war der erste Schultag nach den langen Sommerferien und gleichzeitig der erste Schultag, der in der neuen Musikschule wenige Tage nach der feierlichen Eröffnung durch den Staatspräsidenten und den Erzbischof stattfand. Für Schüler, Eltern und das Lehrpersonal war er möglicherweise der wichtigere Tag. Denn jetzt konnten sie ihre neue, wunderschöne Schule in Beschlag nehmen. Und das geschah mit großer Freude und in aufgeregt heiterer Stimmung. Schon bald nach Unterrichtsbeginn um 1 Uhr nachmittags war das neue Schulgebäude erfüllt von Klängen aus Flöten, Saxophonen, Klarinetten, von Geigen, Bratschen, Celli und Klavieren.
Und keine Regie der Welt hätte es besser arrangieren können, dass just an diesem Tag auch der neue Blüthner-Flügel für den Vortragssaal der Schule aus Leipzig über Jerewan in Gjumri eintraf. Es war gegen 17:30 Uhr, als ein kleiner Transporter in den Hof der neuen Schule einbog. Im Schulgebäude, in das nach dem ersten Schultag schon Ruhe eingekehrt war, wurde es plötzlich wieder lebendig. Gruppen von Schülern der Schule strömten herbei, mindestens 10 Männer in Arbeitskleidung erschienen wie aus dem Nichts und schon bald rückte auch ein großer Baukran an. Herr Asatryan, der Direktor der Schule, war ganz aus dem Häuschen und sein Gesicht hatte sich vor Aufregung ganz rot gefärbt. Er war also tatsächlich angekommen, der Blüthner-Flügel aus Leipzig: 2500 km Luftlinie auf dem Landweg. Der Frachtbrief an der Holzkiste, in der der Flügel verpackt war, war eindeutig:

Spender: Mirak-Weißbach-Stiftung, Empfänger: Musikschule Nr. 6 in Gjumri, Hersteller: Blüthner-Pianofortefabrik GmbH. Und dann ging alles sehr schnell.

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Harutjun Asatryan begrüßt feudig erregt den ”neuen Blüthner”

Unter der Leitung von Asatryan, seinem Adjutanten und mithilfe des großen Baukrans fand der Flügel seinen Weg auf die Bühne im Vortragssaal der neuen Schule. Richtig ausgepackt wurde aber nicht mehr. Zu Dokumentationszwecken entstanden einige Fotos und natürlich gab es zur Feier des Anlasses einen Imbiss mit obligatorischem Vodka, bzw. Cognac. Dazu kamen die angemessenen Trinksprüche: auf die kulturellen Bande zwischen Deutschland und Armenien, auf die musikalische Brücke Leipzig - Gjumri und auch der Geist der Bach-Stadt Leipzig wurde beschworen.

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Geschafft und in Freude vereint! Muriel Mirak-Weißbach (Mitte), Harutjun Asatryan (links neben ihr), der Maler Samuel Lajikian und die ”guten Seelen”

Für den Direktor der Schule, die er seit über 30 Jahren geleitet hatte, ist ein Traum in Erfüllung gegangen: In der neuen Schule sollte auf der Vortragsbühne ein Blüthner stehen. Das hatte für ihn schon immer festgestanden, denn sie seien die besten Instrumente!
Inzwischen ist der Flügel ausgepackt und steht dort, wo er stehen soll: auf der Bühne im Vortragssaal der neuen Musikschule. Er hat die Reise aus Leipzig unbeschadet überstanden und zum Erstaunen aller war noch nicht einmal ein Nachstimmen notwendig!
In den letzten Jahren haben viele Gäste vorbeigeschaut, vor allem Pianisten und Studenten des Faches Klavier, um das neue Instrument zu bewundern und zu bespielen. Auch Klavierabende und -konzerte sind schon organisiert worden. Für die Mirak-Weißbach-Stiftung war die Schenkung des Blüthners das Auftaktprojekt und der Beginn einer Freundschaft zum Land Armenien und seiner Kultur.
Wann immer wir Gjumri in den letzten Jahren besucht haben, haben wir in der Musikschule Nr. 6 vorbeigeschaut. Wir konnten mit eigenen Augen und Ohren erleben, daß der Blüthner in hohen Ehren gehalten wird und für Schulkonzerte, nicht nur an der Musikschule Nr. 6, sondern auch für Konzerte anderer Schulen in Gjumri gerne benutzt wird.

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Dr. Christian Blüthner-Haessler

Heiß begehrte Musikinstrumente

Musikschule Oschakan, Anahit-Tsitsikyan-Musikschule in Jerewan, Staatliche Kunsthochschule in Dilidschan

Schon 2013 hatte die Mirak-Weißbach-Stiftung begonnen, Musikschulen in Armenien mit Musikinstrumenten zu versorgen. Wir hatten zunächst im Bekannten- und Freundeskreis herumgefragt, ob es nicht mehr gespielte, aber gute Instrumente gäbe, die wir für Musikschulen in Armenien sammeln könnten. Als wir die ersten Instrumente beissammen hatten, begleitete uns Margarit Piliposyan, Regionaldirektorin des Fund for Armenian Relief (FAR), bei unserem nächsten Besuch nach Oschakan, bekannt als Begräbnisort von Mesrop Maschtots, dem Erfinder des armenischen Alphabets. Wir hatten dem Direktor der örtlichen Musikschule unsere bescheidene Sammlung von Instrumenten überreichen können und bei einem Schulkonzert einen weiteren Eindruck von der reichen Musikkultur des Landes gewinnen können.

Oschakan

Die Weißbachs bei ihrem Besuch in der Musikschule Oschakan 2013 mit Schülern, dem Direktor, Lehrern und Margaret Piliposyan

Später haben wir dann erfahren, daß es an der Verfügbarkeit von Instrumenten im Land nicht mangelt, war doch und ist Armenien mit dem regionalen und östlichen Musikmarkt bestens vernetzt. Und wir haben erlebt, daß die Musikschulen selbst mit relativ kleinen Beträgen gute und für den Unterricht brauchbare Instrumente aller Art bekommen können. So konnten wir uns in den darauf folgenden Jahren, vermittelt über FAR, an einem Sammelprojekt für die Anahit Tsitsikyan Musikschule in Jerewan und für die Staatliche Musikschule in Dilidschan beteiligen.

Im März 2016 kamen 8 nagelneue Blasinstrumente bei der Anahit Tsitsikian Musikschule in Jerewan an. Die jeweils 2 Flöten, Klarinetten, Trompeten und Saxophone konnten durch eine Spendenaktion der Organisation AYO! gekauft worden. Die Mirak-Weissbach-Stiftung hatte von der Aktion durch den FAR (http://farusa.org) erfahren und sich spontan an dem Projekt beteiligt.

Die Anahit Tsitsikian Schule war 1987 gegründet und 2007 nach der berühmten Geigerin benannt worden. In Jerewan ist sie eine der wenigen Schulen, die für Schüler aus dem Stadtteil da ist. In den vergangenen Jahrzehnten hat sie sich den Ruf einer Schule von hoher Qualität erworben, weil viele ihrer Schüler Auszeichnungen gewonnen haben und es bis zum Studium in Armenien und im Ausland gebracht haben. 2014 ermöglichten die Organisationen “Helfende Hände” der US-Botschaft und das “Fuller Center for Housing Armenia” die Renovierung der Aula, ein großes Projekt. Ein völlig neuer Boden mußte verlegt warden, so daß die Halle jetzt wieder für Konzerte genutzt warden kann. Die Schule war mit Streichinstrumenten und Klavieren gut bestückt, es fehlten Blasinstrumente, denn die meisten Schüler konnten sich eigene Instrumente nicht leisten. Ende 2014 kündigte AYO! eine Kampagne an, Spenden für die Instrumente zu sammeln. Zur Einweihung der neuen Konzert-Halle schrieb AYO!: “Die Schule hat jetzt einen wunderbaren Raum für die Aufführungen und großartig motivierte Studenten und Lehrer. Was könnte noch fehlen? – Instrumente!”

Zufällig wurden die Spendensammler auf ein günstiges Angebot an Blasinstrumenten im Internet aufmerksam und konnten die Instrumente sehr preiswert erwerben. Mit dem gesparten Geld konnten sogar noch 120 Stühle für den Konzertsaal gekauft werden. So haben jetzt alle Familien und Freunde bei den Konzerten angemessene Sitzplätze.

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Studenten der Anahit Tsitsikian Musikschule verloren keine Zeit, die neuen Blasinstrumente auszuprobieren, die im März 2016 eintrafen.

Am 25.April 2016 war Muriel Mirak-Weißbach persönlich anwesend, als Schüler, Lehrer, Eltern und Gäste der Anahit Tsitsikyan-Musikschule die neuen Blasinstrumente, die vor wenigen Wochen in Jerewan eingetroffen waren – mit einem Konzert feierten. Nach einer Schweigeminute zum Gedenken an die Opfer des Genozids von 1915 eröffnete ein junges Mädchen mit einem Klaviersolo das Konzert. Sie war im vergangenen Jahr mit ihrer Familie aus Syrien geflohen und hatte hier in Jerewan ein neues Zuhause gefunden. Danach stellten Schüler und Lehrer das ganze breite Spektrum der Musikarbeit der Schule vor: Als Solisten, mit Klavierbegleitung oder im Ensemble, als Solosänger oder in verschiedenen Chorformationen kamen Werke traditioneller armenischer Volksmusik und klassischer europäischer Musik zum Vortrag. Besondere Aufmerksamkeit erhielt der Klarinettist und das Kanoon-Ensemble, weil hier zwei der neuen gespendeten Instrumente zum Einsatz kamen. Wie die Direktorin der Schule, Diana Hovhannisyan in einem Vorgespräch sagte, könnten noch nicht alle neuen Instrumente präsentiert werden, weil ja bisher noch kein Unterricht für Trompete, Saxophon oder Flöte hätte gegeben werden können. Aber sie versprach, daß bei unserem nächsten Besuch ein richtiges Bläserensemble zu hören sein werde. Der Enthusiasmus, die Freude und der Stolz der Schüler waren überwältigend. Als besondere Zugabe präsentierte der 5-jährige Volodya Sargsyan, der auch im gemischten Chor schon aufgetreten war, eine Solo-Session auf seiner Trommel. Sowohl Diana Hovhannisyan als auch Jemma Safaryan, die Leiterin der Spendenaktion der Organisation AYO! bestätigten, daß die neuen Instrumente schon jetzt Schülern und Lehrern einen neuen Schub an Begeisterung und Eifer gegeben hätten.

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Volodya, der 5-jährige Trommler in seinem Element

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Anahit Tsitsikian (1926–1999) wurde im russischen Leningrad (heute St. Petersburg) geboren. Nach ihrem Studium bei Professor Karp Dombayev am staatlichen Konservatorium in Eriwan (1946–1950), gewann sie ein Stipendium und erlangte 1954 ihre Meisterreife am staatlichen Konservatorium in Moskau. Schon als Kind hatte sie angefangen, solistisch und mit Symphonieorchestern zu konzertieren. Anfang 1961 war sie die erste Solopianistin an der Armenischen Philharmonie. Sie gab Konzerte in allen sowjetischen Republiken und in 27 Ländern der Welt und produzierte 4 Schallplatten bei der Plattenfirma Melodiya.

Ihr Repertoire umfaßte vor allem Musik zeitgenössischer Komponisten, deren Werke sie beeinflußte, herausgab und zur Premiere brachte. 1950 begann sie, am staatlichen Konservatorium in Eriwan zu unterrichten. Dort führte sie 3 neue Vorlesungsreihen ein: “Die Geschichte und Theorie der Streichinstrumente”, “Geschichte der armenischen Aufführungskunst”, und “Praxis der Musikausbildung”. Schon als Studentin hatte sie ihre Forschung über die Geschichte der Streichtechniken und Musikarchäologie begonnen, ein Forschungsfeld, das sie in Armenien begründete. Sie nahm an vielen internationalen, wissenschaftlichen Konferenzen teil. Ihre Studien wurden in Armenien und international veröffentlicht.

In ihrer künstlerischen Karriere gab sie über 1000 Konzerte, archivierte Musik in 60 Aufnahmen und schrieb mehr als 300 Artikel und Skripte für Radio und Fernsehen.

Sie war Mitglied in vielen regionalen und internationalen Organisationen, u.a. der armenischen Komponistenvereinigung, der Union sowjetischer Komponisten, der armenischen Theaterunion, der Journalistenvereinigung, des Frauenkomitees der UdSSR, des AOKS (das kulturelle Verbindungskomitee zum Ausland), des Komitees “Geschichte der Weltkultur” an der Akademie der Wissenschaften der Sowjetunion, der weltweit-wissenschaftlichen Vereinigung für historische Archäologie u.a.

Anahit Tsitsikian verstarb am 2. Mai 1999 und noch im selben Jahr wurde die “Anahit Kultur-Stiftung” gegründet. Sie soll ihre Arbeit fortsetzen und ihre Lebensträume verwirklichen. Die Stiftung will die armenische Musik fördern, indem sie Musiker in ihrer professionellen Ausbildung und Arbeit unterstützt, Kulturprogramme und Veranstaltungen organisiert und die Integration armenischer Musik in das international Musikleben voranbringt.

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Malerisches Dilidschan

Seit Jahren arbeitet der Fund for Armenian Relief (FAR) daran, die Staatliche Kunsthochschule in Dilidschan so auszustatten, daß sie ihrer wichtigen Aufgabe für die Musikerziehung in der Stadt, in der Provinz Tavusch und darüber hinaus erfüllen kann. 1997 als Erweiterung der älteren Musikschule gegründet, ist sie besonders auf die Ausbildung von Musiklehrern für den Bedarf nicht nur im Norden Armeniens konzentriert. Die Hochschule koordiniert auch die Arbeit von 15 Musikschulen in der ganzen Provinz Tavusch. Ihre Ausbildung erfolgt auf zwei Ebenen. Zum einen können hier Schüler und Studenten neben dem normalen Schulunterricht eine 7-jährige, sorgfältige und grundlegende Musikausbildung erhalten. Danach können sie sich in einem 4-jährigen Studiengang als Musiklehrer oder Berufsmusiker qualifizieren. Auf beiden Ebenen werden Ausbildungsgänge für Gesang, Blas- und Streichinstrumente und natürlich für Klavier und die traditionellen Volksmusik-Instrumente angeboten. Das Kolleg hat einen Chor und Ensembles für Blechbläser und traditionelle Instrumente. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt (Stand Januar 2019) studieren im Grundkurs 178 und im höheren Kurs 63 Studenten. Die Studenten nehmen regelmäßig an Festivals und Wettbewerben teil, häufig finden hier Meisterkurse für Studenten aus der ganzen Provinz statt. Und wenn hoher Besuch aus Armenien oder der ganzen Welt nach Dilidschan kommt, dann ist die Hochschule gefragt, ein Konzert für die Besucher auszurichten.
Die Hochschule ist in einem schönen, großen Gebäude untergebracht, das besonders durch die großen Glasfassaden und das dadurch einstrahlende Licht besticht.

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Die helle Eingangshalle

Aber es war in die Jahre gekommen und brauchte dringend eine Erneuerung, einschließlich des 300 m² großen Konzertsaales. Auch waren die Möbel in beklagenswertem Zustand, und es fehlten Instrumente und neue Musikliteratur. Dank der Anstrengung von FAR gelang es 2018/2019, die Renovierung des Konzertsaales, die Ausstattung mit neuen Stühlen und den Kauf ausreichend neuer Instrumente fertigzustellen. Die Mirak-Weißbach-Stiftung hat ebenfalls dazu beigetragen, daß zu Beginn 2019 die ersten 37 Instrumente in Dilidschan eintrafen. Die Nachricht von Margarit Piliposyan, der Programm-Direktorin von FAR lautete: ”Studenten und Lehrer sind glücklich!”

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Große Freude - die neuen Instrumente kommen!

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Der neue Flügel.

Kanoon

Kanoon - das armenische Instrument.

Trommeln

Trommeln gehört dazu.